Falllinie

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Mit ihm durch den Wald zu gehen heißt die Wege verlassen. Den weichen Boden bergauf steigen, ausrutschen, den schweren Duft der Erde zu atmen. Wir reden nicht, verständigen uns ohne Worte. Einmal in Richtung Hang nicken heißt: Dort hoch, aber direkt, keine Umwege. Auf gerader Linie zum Aussichtspunkt. Im Dickicht zeichnen sich Spuren ab, von Tieren oder von anderen, die so sind wie wir. Dieses tiefe Lächeln in seinen Augen, diese Abenteuerlust, die Verwegenheit. Wie ein Spiegel.

Keuchend klettern wir die Falllinie hoch, Klumpen von Erdkrumen kullern nach unten. Unsere Gesichter durchtrennen unsichtbar gespannte Spinnfäden, wir wischen sie weg. Oben hoffen wir auf eine Belohnung – einen grandiosen Blick, eine Einsamkeit für unsere Gefühle. Für die Umarmung. Der Wind kühlt die verkrampften Muskeln, es raschelt im Laub. Ein Ast fällt herab und erschreckt uns, kurze Panik in den Augen. Der hätte dich treffen können, nur eine Minute früher. Hat er aber nicht. Er lächelt. Keine Angst, mir passiert nichts. Denke an den Schrank. Abends knackt er. Du erschrickst jedes Mal. Adrenalin fließt. Ein Gespenst? Ja aber ein liebes. Das zwinkert uns zu und knackt dann weiter im alten Holz, wie um uns daran zu erinnern es nicht zu vergessen. Auf dem Rückweg halten wir uns an die Markierungen. Zu müde für Mut. Zu träge für Tatkraft. Den Zeichen folgen, die nach Hause führen. Mehr nicht.

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