Ein Schiff namens Silver

Auf meiner täglichen Tour am Rhein entlang kommt mir heute das Schiff Silver entgegen. Es liegt tief im braunen Hochwasser, blauer Bug silberne Schrift. Ein Blick und mein Gehirn denkt: You make my day. Ist zwar schon Nachmittag, aber egal, so wird er noch zum Sternchentag, dieser langweilige staubige Tag, an dem ich vor allem den Dreck wegwische, der aus den Wänden meiner Wohnung quillt.

silverAlles ist von einer feinen Schicht Steinstaub überzogen, ich atme ihn ein, ich esse ihn mit, ich fege ihn weg, ich spüle ihn ab. Aber er haftet wie ein Pflaster. Ist Materie aus altem Gemäuer. Wird jetzt zermahlen von Spezialwerkzeugen und auf mich gestreut. Ich werfe Wasser zurück. Die Handwerker sind freundlich und lachen über meine Manie. Überall hängen schwarze Filzlappen, die sollen den Staub schlucken. Tun sie aber nicht. Sie wehen im Durchzug und warten den Moment ab, in dem sich eine Tür öffnet, dann schütteln sie den Staub in den Raum. Wo ich stehe und huste.

Draußen ist es besser. Den Gedanken wieder rein zu müssen verkneife ich mir. Es stürmt. Dann kommt das Schiff Silver angefahren und zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Anna sagt schreib mal alles Gute auf an einem Tag. Und das jeden Tag. Hat der Tag drei gute Sachen machst du ein Sternchen in den Kalender. Dann wirst du glücklich. Ich mache das seit gestern. Da bin ich noch ungeübt und erkenne das Gute nicht. Heute ist es schon besser. Der Wind ist gut, der Abstand von der Baustelle ist gut, das Schiff ist gut. Sternchen.

Wenn der Fluss so hoch ist versinkt das Ufer. Unrat wird angeschwemmt. So nennen es die Einheimischen. Man könnte auch Müll sagen. Aber das stimmt nicht. Das meiste ist Holz. Millionen von kleinen Stöckchen, manche geformt und verwaschen wie kleine Schlangen. Große Äste und ganze Baumstämme fließen mississippimäßig flussabwärts. Bleiben hängen und liegen. Wälzen sich im Schlamm. Teppiche aus Treibholz mit trügerischer Oberfläche. Sieht aus wie fest und ist es nicht. Aber Enten kommen durch, auch Kormorane. Meine Augen bleiben an ihren öligen Federn hängen. Ich mag diese Vögel nicht. Finde keinen Gefallen an ihrer Art plötzlich zu verschwinden und nicht zu wissen wo sie wieder auftauchen.

Das Schiff Silver ist außer Sicht. Ich glaube es hatte Sand geladen. Eine kleine Gebirgskette aus Sandbergen ist vorbeigezogen. Mein Gehirn schaltet auf Analogiemodus und sendet Staub. Erinnert mich daran was mich zu Hause erwartet. Ein neues Zimmer in zwei Wochen. Gut oder.

5 thoughts on “Ein Schiff namens Silver

  1. So feiner Staub ist etwas ganz schreckliches.

    Ich habe es mal erleben dürfen, als wir bei meiner Tochter den total schönen Holzfußboden abgeschliffen haben, um ihn in der alten Wohnsubstanz zu erhalten….OMG, was hab ich da Staub geschluckt !!!

    Aber bei dir gab es ja wenigstens noch ein Sternchen liebe Peggi ;)

    Grüßle zu dir und ein feines Weekend,
    Uschi <3

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