Das Richtige tun

Doing the Right Thing

Tu es! schreit mein Gehirn. Oh look, mein Gehirn, das habe ich ja schon lange nicht mehr gehört. Wo warst du? frage ich fast sehnsüchtig. Es war im ontologischen Raum gefangen, hat sinnlose Sinnfragen gestellt und Zeit verschwendet. Zögernd wende ich ein, Zeit kann nicht verschwendet werden, sie vergeht einfach, so oder so. Ich finde es gut, dass die Zeit vergeht. Sie tut es einfach und die Menschen, denen Zeit so wichtig ist, wehklagen und stöhnen ob Ihrer Vergänglichkeit. Ich nicht. Nach meiner Meinung kann Zeit nicht schnell genug vergehen. Schnell durch die irdische Scheiße. Dann wieder reine Materie sein ohne diese falsche Bescheidenheit oder das Charitygedöns gegenüber Flüchtlingen oder Mitleid mit dem Flüchtigen.

Tu was? frage ich zurück. Na das Richtige! blafft es. Ich hatte es glatt vergessen, mein Gehirn. Es ist ja eigentlich das Einzige, das mir widerspricht, oder? Anfangs ärgerlich, dann befriedigt ziehe ich einen Mehrwert aus dem Widerspruch. Mein Gehirn ist kein Ja-Sager. Ich bin wirklich glücklich darüber. So ein kleines widerspenstiges Gekräusel, das sich querstellt, wenn ich denke. Eine virtuelle Geschwulst. Wäre sie echt, hätte ich vielleicht Schmerzen und/oder nicht mehr lange zu leben. Dann würde ich mich damit auseinandersetzen müssen, wie ich es meinen Kindern sage. Das wäre das Schwierigste. Ich könnte ihnen sagen, dass mich der Tod nicht schreckt. Aber das wäre schwer für sie zu verstehen. Sie sind so jung und auch wenn ich nicht alt bin oder mich alt fühle, für mich ist der Tod eine Option. Immer gewesen. Bei allem, was ich tue und wenn mein Gehirn schreit: Tu es nicht! Bei starkem Wind an der Kante eines Abgrunds stehen zum Beispiel.

Tu es! brüllt es jetzt. Ja was denn? gelle ich zurück. Warum geht es so hart mit mir ins Gericht? Was will es von mir? Tu das Richtige! schreit es. Was ist das Richtige? Diese Frage wird mir mein Gehirn nicht beantworten. Es hat ein Stadium erreicht, in dem es die Entscheidungen mir überlässt. Es hat sich emanzipiert. Das weiß ich zu schätzen, denn so ein Reinreden aus Prinzip ist nervig. Immer gewesen. Wenn es sich jetzt so vehement meldet, muss ich tierisch etwas versemmeln. So würde mein Sohn sagen: versemmeln. Versemmeln heißt: Nicht das Richtige tun.

Das Richtige ist greifbar nah. Es steht vor mir und lacht. Es lacht mich aus, weil ich es nicht gleich sehe. Durch es hindurch sehe. Ich sehe durch das Richtige das Falsche. Das Falsche scheint das Richtige, bis das Richtige einen Schritt zur Seite macht und ich das Falsche erkenne. Das Falsche sieht nicht echt aus. Daran erkenne ich es und lasse es links liegen. Dann wende ich mich dem Richtigen zu.

So einfach kann es sein.

9 thoughts on “Das Richtige tun

  1. In Ruhe in sich sein…
    ein schöner Gedanke.
    “Ich könnte ihnen sagen, dass mich der Tod nicht schreckt. Aber das wäre schwer für sie zu verstehen.”

    Geht mir eben so, liebe Peggi und sicher nicht nur von den Kindern, schwer zu verstehen ;)

    Manchmal sagt uns auch der Bauch, was das Richtige ist und da hat Hirn einfach Pause !
    LG Uschi

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    1. Liebe Uschi, ja, es hinkt sowieso hinter dem Bauch her :) ein schönes Bild… Freue mich über deine “Gleichgesinnung” lg Peggi ( manchmal werden meine Kommentare auf deinem Blog nicht angenommen, ich versuche es weiter)

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    2. Liebe Peggi,
      du weißt doch, ich in meinem *greisen Alter, habe schon so manches hinter mir und da war der Bauch und das Hirn sich wirklich nicht immer einig und es wurde auch mal die falsche Entscheidung getroffen…
      was solls, ich lebe noch ;)
      Mach dir keine Sorgen, WordPress hat manchmal so seine Tücken !!!

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