Mein Muskelkleid

Muskelkleid grün Glanz

In meinem Muskelkleid fühle ich mich sicher. Die leichte und fast transparente Seide umfließt meine Haut wie ein Windhauch. Es trägt nicht auf, wie man so schön sagt. Nein, es schmiegt sich an und bewahrt dennoch diese Distanz. Es schafft den Spagat aus Leichtigkeit und Zugehörigkeit. Letztere zieht mich runter. Sobald ich irgendwo dazugehöre, will ich wieder weg. Weiter meinen Weg gehen und das Muskelkleid strapazieren.

So ein Muskelkleid hat eine Frau ihr Leben lang. Fein gearbeitete Fasern, dicht gesäumte Nähte und Farben vom schillernden Regenbogen machen es zu einem Einzelstück. Mein Himmelskörper, mein Muskelkleid.

Das mit dem Himmelskörper ist so eine Sache. Ich muss ihn mir im täglichen work out mühsam erarbeiten. Immer daran denken, dass er ein Geschenk des Himmels ist. So sehe ich das. Mein Körper ist ein Geschenk des Himmels. Nicht im religiösen Sinne. Sondern im astronomischen, wortwörtlichen Sinne von Sternenstaub. Zusammengepresst aus molekularen Partikeln des Universums ist mein Körper eine zeitlich begrenzte Figur.

Betrachte ich meine Figur im Spiegel, schleicht sich die Befangenheit an meine Seite. Befangenheit trägt Sack und Asche. Sie versucht, mit ihren grauen Schatten den Glanz meines Muskelkleids zu minimieren. Aber sie schafft das nicht. Wäre da nur das Muskelkleid, hätte sie eine reale Chance. Aber gegen den Himmelskörper kommt sie nicht an. Er schlägt jede Art von Befangenheit in die Flucht. Ist sie einmal weg, kann er wieder strahlen wie ein Stern. Nicht wie die Sonne, sondern wie die Venus.

Der Glanz ist so besonders, weil sowohl das Kleid als auch der Körper aus nur einem Teil bestehen. Schon mit einem schwach ausgeprägten Gespür für die Wahrnehmung von Glanz ist er deutlich zu sehen. Das Schimmern des geschmeidigen Stoffes und der matte Schein des nackten Beins. Dort wo das Muskelkleid den Blick auf die muskulöse Wade weiterleitet wie in Schwerelosigkeit.

„Metaphorisch dazu wird auch jede Umhüllung eines Objektes, z. B. das Fellkleid oder Federkleid eines Tiers oder der Schutz von empfindlichen Teilen im Maschinenbau (z. B. Schanzkleid Schutzkleid), Kleid genannt.“ (Wikipedia, Kleid)

10 thoughts on “Mein Muskelkleid

  1. Das mit dem Sternenstaub ist natürlich wahr! Ich hatte mich, etwas prosaischer, immer eher als erdgemachtes Wesen betrachtet: Alles, woraus wir bestehen – Proteine, Minerale und ein paar Geheimzutaten -, kommt aus Tier und Pflanze zu uns, und die haben es wiederum aus dem Boden, den man, wenn er gut ist, ja nicht umsonst “Mutterboden” nennt. Aber da hört die Materialkette ja nicht auf. (Wo nun Boden ist, war früher einmal blanker Stern, und auf sein Kleid aus Boden, das ihn heute bedeckt, regnet es von anderen Himmelskörpern lautlos und stetig Sternstaub herab, so wie auch wir irgendwann, ein paar Äonen später, als Sternstaub anderswo hinregnen werden.) LG! S.

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    1. Mutterboden ist wahrlich ein treffender Ausdruck und sympathisch noch dazu. Ein Sternenkind zu sein passt zur Geschichte, die mir meine Eltern erzähkt haben auf die Frage, wo ich vor meiner Geburt war 🌜⭐️🌝

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