Wo wohnt Andi Argwohn?

Andis SesselBei Andi weiß ich nicht so recht woran ich bin. Ich weiß nicht einmal, ob es ein Mann, eine Frau oder etwas Anderes ist. Ich tippe auf das Andere und ich bin sehr gespannt darauf, es herauszufinden.

Als wir uns kennen lernen, stellt Andi sich als Argwohn vor. Ist das eine Angewohnheit, frage ich ahnungslos. Nein, nur ein Name mit einer Bedeutung und eine Neigung zur Vermutung. Ein Talent? Nein, eher eine Bürde. Mir gefällt die Wortwahl und die Vermutung, ich möge schon verstehen. Meine Metaebene läuft auf Hochtouren während wir sprechen. Jeden Millimeter scanne ich auf Eindeutigkeit und kann keine finden. Dafür finde ich Erregung und Sinneslust. Breitbeinig schieben sie sich zwischen unsere zarte Bekanntschaft und werfen mir anzügliche Bemerkungen zu.

Mein verstörtes Lächeln schiebe ich auf die Umstände. Andi nickt, obwohl die Umstände völlig normal sind. Dann rückt er den Sessel an mich heran. In dieser Nähe kann ich gar nichts mehr entscheiden. Ich sehe nur noch Augen, blau, braun oder grün und Lippen mit kühnem Schwung.

Ich mag das Unbestimmte, sagt Andi Argwohn. Ich nicke und kriege eine Gänsehaut. Ist das noch Erregung oder schon Angst? Ich habe keine Ahnung. Dann schickt mir mein Gehirn eine Nachricht: Andi ist anders. Als hätte ich das nicht schon gemerkt.

Das Andere ist anziehend. Ich gerate in einen Bann. Andi erzählt irgendwas von Italien oder Afrika und die Worte sind wie ein warmes Bad. Meine schwache Entgegnung, ich mag mehr die kühlen Länder, verhallt ungehört. Vielleicht habe ich das auch nur gedacht. Lass uns gehen sagt Andi.

Wo wohnt Andi Argwohn? In einem Appartement, das am Ende der Stadt liegt. Dort haben sie Hochhäuser hingebaut, damit man nachts auf die Lichter schauen kann. Wir stehen drin und gucken raus. Das ist der Wahnsinn sage ich. Wir sind nicht mehr allein mit Vermutung und Angst. Sinneslust und Erregung sind auch wieder da. Fehlt nur noch Mut. Hoffentlich kommt der bald.

Vakuum

vakuum1

Im Traum umarme ich eine Seele. Als würde sich meine Aura über ein zartes Gebilde legen, sanft, behutsam, leise. Wie zwei Luftschichten mit wenig Temperaturunterschied schweben sie aufeinander, verwirbeln an einigen Stellen und lösen sich wieder. Ein Universum an Gefühlen, Ganzheit.

Später, wieder wach, bleibt dieses Lächeln in meinem Gesicht. Obwohl der Schlaf in dieser Nacht das Gegenteil von dem war was er sonst ist – ein Energieaufwand ohnegleichen. Meine Reserven sind leer und wäre ich ein Aku leuchtete mein Alarm. Ich versuche mit Kaffee und Kakao den Tag zu überstehen, denke an diese Seele und an das Rätsel der Vollkommenheit. Ich kann mir keinen Reim darauf machen. Ratio bringt hier nix.

Könnte es als Geschenk meines Unterbewusstseins verbuchen, will aber dieses Wesen nicht mit irdischem Buchhalterschnickschnack abhaken.

Könnte auch daran liegen, dass ich wieder in die Sterne sehe und die Schnuppen zähle. Gestern Nacht am östlichen Himmel, als ich von der Umarmung so überwältigt war, dass mein Körper ins Freie flüchtete.

Oder vielleicht ist es was immer da ist und nur manchmal in seltenen Momenten zu mir durchdringt, meistens im Schlaf wenn unser wacher Geist sein Schild gesenkt hält. Die Wahrheit, die Erkenntnis, die Erleuchtung, flüchtig wie ein Gas, ein Hauch von einem Wind, eine Ahnung.

vakuum2

Meine Umarmung der Seele war als würde ich selbst umschlungen. Gefangen im Nachspüren vibriert meine Haut.