Kuckuck

kuckuck-uhr-substanzTick Tack Tick Tack
Atomuhr tickt
Atomuhr klickt
klick klack
Korrektuhr

Urgestein spritzt
Feuerblitz blitzt
Stern schickt
Neues Licht

Neues Licht im Neuen Jahr
Sehe mich im Neuen Licht
Sehe dich im Neuen Licht
Wellenlänge ist das nicht

Tick Tack Tick Tack
fick fuck fick fuck
Vorsicht das Atom
Verrutscht

Aus der Korrektuhr
Kräht der Kuckuck KUCKUCK
KUCKUCK

Das Jahr läuft ab

jjean-leon_gerome_diogenes

Die unmittelbare Nähe zum Fluss ist angefüllt mit Geräuschen und Lärm. Die Dieselmotoren der Schiffe, die Ketten der Kähne beim Ankern, das Scharren der Ruder auf dem Kies, das Kreischen der Möwen, das Brechen der Wellen am Uferbeton, das Dröhnen des Nebenhorns, das Kratzen der Lautsprecher von den Ausflugsdampfern. Das Fließen selbst ist nicht zu hören. Der Fluss des Wassers ist still und mächtig. Die Strömung ist stark und beständig.

Wir stehen am Strand und werfen Steine. Auf jeden Stein spucken wir den bitteren Beigeschmack der vergangenen Tage. Die persönlichen Tragödien, die sich trotz ihrer kurzen Tragweite schmerzhaft in unser Jahr gezwängt haben, ab in den Strom. Die bösen Worte, gehört und gesagt, fort mit euch. Versinkt mit dem Ballast an Beleidigungen und deren Begleiterscheinungen. In den Schlamm mit der Last des Lebens, wo und wann es seine Leichtigkeit verloren hat.

Jedes Jahr stehen wir hier. Manchmal lachen wir, meistens nicht. Wenn wir alle Steine geworfen haben, kommen die Stöckchen dran. Es ist Schwemmholz, das wir im Laufe der Jahreszeiten aufgelesen haben. Glatt und weich liegt es in der Hand, zart gemustert und nicht selten in Tiergestalt. Schlangen, Vögel, Drachen und Krokodile. Wir werfen sie ins Fahrwasser. Sie treiben mit unseren Wünschen ins Meer. Vielleicht bleiben sie auch irgendwo hängen oder werden von anderen Hoffnungsträgern aufgesammelt.

Sind die Lasten versenkt und die Wünsche auf die Reise geschickt, bleibt dieser unbestimmte Rest. Restmüll aus dem Alltag, den wir an Silvester in einer Tonne verbrennen. Wir sind nicht die einzigen mit einer Tonne. Streunende Hunde gesellen sich dazu.

Das Knistern der Feuer, das Winseln der Hunde, das Knallen der Korken, das Fiepen des schmilzenden Plastikmülls und das Knacken brechender Knochen. Zum Lallen des Gelächters steigt schwarzer Rauch in die Luft. Endzeit. Das Jahr läuft ab. Der Fluss fließt fort.

Silberblick

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Dies ist eine Geschichte aus dem Schwarzwald. Genauer gesagt vom Rande des Schwarzwalds, dort, wo die lichten Weinberge an dunkle Wälder grenzen, die bei entsprechendem Lichteinfall schwarz und undurchdringlich wirken. Die Höfe unserer Familien liegen nicht weit auseinander und da es auf beiden einige Töchter gibt, bin ich mit einer von ihnen befreundet. Franziska, die ich niemals Sissi nenne wie ihre Schwestern, sondern bis heute Franziska. Sie hat dichtes rotes Haar und allein diese Tatsache macht mich zur treuesten Freundin aller Zeiten.

Während mein Vater in den Bergwerken nach Erzen und Salz gräbt, baut Franziskas Vater Kachelöfen. Weit über Freiburg hinaus und nach Süden bis Basel reichen seine Aufträge. In der Stube von Franziskas Familie steht ein prächtig gekachelter Ofen, den alle nur Kunst nennen – eigentlich Kunscht, um präzise zu sein. In Fachkreisen heißen die Öfen Kunscht oder auch Chunscht, auch wenn in Wikipedia steht, dass nur die „unabhängig beheizte Bank“ so heißt. Aber unabhängig von diesem traditionshandwerklichen Detail ist diese warme Bank der Blockbuster in unseren einst fernsehfreien Tagen.

Manchmal ist die Kunst zu heiß, um länger als eine Minute still auf ihr zu sitzen und dann kommen die flachen selbstgenähten Kissen zum Einsatz. Sie sind mit Kirschkernen der Kirschen gefüllt, die wir im Sommer direkt vom Baum gespuckt haben. Das trockene Rascheln der Kerne fühlt sich komisch an. Komisch wie in Kichern. Zusammen mit Franziska und mir sind wir sieben Mädchen. Das bedeutet eine Menge Kichern. Auf der Kunst haben auf zwei Ebenen neun Leute Platz. Oben sitzen mit angewinkelten Beinen die Kinder; unten sitzen die Erwachsenen. Aber nur an Feiertagen ist die Kunst voll besetzt.

Franziskas Mutter bringt am Nachmittag einen großen Teller mit Marmeladebrötchenhälften. Dieser Moment brennt sich in mein Gedächtnis. Außer, dass ich dies als unglaublichen Luxus empfinde, bleiben in meiner Erinnerung ihre roten Haare, ihre weiße Haut und ihr bezaubender Silberblick, der sie selbst unsicher und distanziert macht. Für mich sieht sie aus wie ein Filmstar. Trotz der vielen Arbeit auf dem Hof strahlt sie eine gewisse Vornehmheit aus. Poltert Franziskas Vater nach einem langen Tag in die Stube, wischt sie die Kinder wie Staubkörner von der Ofenbank. Der Vater setzt sich auf die Kunst und sie zieht ihm die derben Schuhe aus. Er breitet seine Arme aus und betrachtet müde sein gekacheltes Werk.

„Die heutigen Kachelkünste haben sich vom Kachelofen gelöst und bilden eigenständige Heizsysteme, die sehr effizient sind, da sie die Funktion Kochen mit der Funktion Heizen verbinden, und sind vor allem in der Schweiz und im südlichen Baden-Württemberg sehr beliebt.“
Wikipedia

My true North

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Schon bevor ich den Magnetiker kennen lerne, habe ich eine besondere Beziehung zum Nordpol bzw. zum Eis. Ich erkläre mir das so: Als Jugendliche lese ich Expeditionsberichte und bin fasziniert von den Mühen und Entbehrungen, den Strapazen und Tragödien, denen sich diese Männer aussetzen, um ein Stück neues Land zu entdecken. Christoph Ransmayrs Die Schrecken des Eises und der Finsternis macht den Anfang einer langen Reihe von Büchern über den Pol, das Eis, die Berge und den Schnee.

Es ist eine rein virtuelle Beziehung. Ich bin noch nie im nördlichen Polarkreis gewesen. Meine Erfahrungen mit Eis und Schnee beschränken sich auf die Alpen – allerdings gibt es da ein paar besondere persönliche Grenzerlebnisse: einen Fast-Absturz, eine Lawinen-Auslösung mit knappem Ausgang, einige erfrorene und qualvoll wieder auftauende Finger und eine Bergrettung durch die Schweizer Bergwacht.

Im Englischen hat My true North eine Bedeutung im übertragenen Sinne. Der Magnetiker bringt mich darauf, als er mir von einer Exkursion auf einen kanadischen Gletscher erzählt. Ein Kollege fragt ihn abends in der Hütte, ob er schon seinen wahren Norden gefunden hätte. Die Ratlosigkeit in seinem Blick spricht Bände. Seine Bestimmung, seine Seelenverwandte, seine echte große Liebe? Oder läuft er etwa immer noch dem Kompass nach? Der führt nur an den magnetischen Pol – und der verändert seine Position täglich, wie ich neuerdings weiß.

Unter Magnetikern ist die Suche nach dem True North ein running Gag. Trotzdem wollen sie eine aufrichtige Antwort und das fügt ihrem Job eine mystische Note hinzu. Sehr sympathisch, finde ich und lächle. Und natürlich stelle ich mir im Stillen die Frage nun auch. Habe ich den Nordpol nach so vielen Routenbeschreibungen eigentlich schon gefunden? Haben mir die Charaktere in den Büchern einen Weg gezeigt? Was geht mir so unter die Haut wie klirrende Kälte? Eines weiß ich sicher. Ich will da nicht selbst hin, wo es kalt und unwirtlich ist. Wahrscheinlich würde ich keinen Tag da draußen überleben. Doch das ist auch gar nicht notwendig. Ist ja nur eine Redewendung – oder doch mehr: die Verantwortung, meinen Nordpol zu finden.

Sieht gut aus. Klare kalte Luft. Die Richtung stimmt. Hätte ich sonst einen Magnetiker getroffen? Oder fände Bad Religion gut? Na, dann weiter so.

kerz brenn olz

kerz-lichti-brenn-substanz_maedchen buch Sessel

kerz kerz lichti brenn
brenn brenn
golden kerz lichti

koko schoko kalorie
kalorie kalora ra ra ra
raspel RASPEL
ra ra ra spell schpell

wei wei weisss wie
SCHNEE
neeee – nicht schnee

wei wei weisssss wie kokssssss
KOKSSSSS
kokskeks kokskeks kokoskeks
geraspelter kokoskeks

koko schoko kalorie
SÜÜSSSS
sssssss olz kau
kau sssssssss olz
süüüssss olz

©Peggi Liebisch