Der goldene Wasserhahn

goldhahn3Die Geschichte ist märchenhaft wie ihr Titel. Verzaubert werde ich schon als ich das Grundstück betrete. Eine parkähnliche Landschaft mit alten Laubbäumen und gläsernen Schmetterlingen, kleinen Glöckchen, die im Wind klingen.

Zwei Löwen bewachen den Eingang des Hauses und reißen ihr schwarzes Maul auf als ich näher trete. Sie sind aus Bronze, keine Gefahr. Die geöffnete Tür gibt den Blick frei auf eine dunkle Halle und hindurch fließt Licht in gebündelten Strahlen. Hinten geht es wieder hinaus auf die Terrasse aus altem Stein und dort will ich hin. Vorbei an Gemälden von Mädchen mit weißer Haut, nur leicht umhüllt von buntem Tuch. Vorbei an der Küche und ihrer Hüterin. Nur kurz treffen sich unsere Blicke und schon bin ich verwirrt. Warum.

Wieder draußen ein Platz im Schatten der Schirme. Ein Teich vor dem See. Schilf. Ihre sanfte Stimme fragt mich was ich wünsche. Blinzle gegen die Sonne die mich nicht blendet. Jasmintee flüstere ich. Sie ist eine Romanfigur. Direkt aus meiner Erinnerung an erregende Momente. Sie muss die Vorlage sein doch ich weiß sie kann nicht die Vorlage sein. Aber sie ist eine Figur. Ein Charakter. Einzigartig. Ausdrucksstark. Sie weiß es denn sie macht eine Show.

Blaugeblümtes Porzellan für den Tee, Orchideenkuchen. Ich schmecke nichts, meine Sinne sind auf eine Stelle gerückt, drängen sich um die Intensität in meinem Innern. Wie heißt dieser Ort. Ist er echt. Egal. Ich lasse los und zu. Endlich. Kann wieder atmen und aufstehen.

goldhahn5Die Wendeltreppe führt zu einem goldenen Wasserhahn. Ich wische einen Wasserfleck weg und schließe mich in diesen Glanz. Aus dem Hahn tropft Musik. Ist das ein Trick. Im Spiegel mein Gesicht. Leuchtende Augen, rosige Haut, lächelnder Mund. Schnell zurück. Gucken was geht.

Zwischen den Stühlen balanciert sie Kristall. Ist jetzt Bedienung, betont träge. Fließende Bewegung auf knirschendem Kies. Weiß. Ich starre. Setze meine Brille auf um nicht umzufallen. Sie merkt es trotzdem. Weicht sensibel meiner Verwirrung aus. Große Hände würden mich stützen bevor mein Schwanken zum Fall wird. Doch so schwach bin ich nicht. Da ist noch das Andere, das Besondere, das mir Kraft gibt. Neugierde. Gier.

Ich habe keine Chance. Nur die Erinnerung nehme ich mit. Sie ist frisch wie ein Hefeteig. Sie gärt und geht und bläht sich auf. Ich nähre mich davon. Ernähre mich mit ihr. Setze sie aufs Neue an. Backe sie heiß und esse sie warm. Sie füllt mich auf. Meine Magenwände schmerzen.

Wie soll ich sie nennen, diese Person. Magier. Fee. Sternenstaub. Mond. Alles außer real. Schon real aber nicht für mich. Kaum gesehen und schon ewig in mir drin. Wahr gewordene Fiktion. Sinn. Wahnsinn.

Stock Rose

ImageIrgendwie vermisst sie ihn. Sie hat ihn verlassen aber nicht vergessen. Hat dieses große Opfer gebracht und ist nicht belohnt worden. Von wem auch. Schicksal, lächerlich. Mittlerweile kommt sie sich feige vor. Schämt sich. Grämt sich. Kann aber nicht zurück. Hat sich den Weg verbaut. Auf dem Niveau einer Telenovela hat sie trotzig die Tür hinter sich zugeschlagen. Ihr Stolz ist ein Teil von ihr. Sticht sie von innen. Alles was er will ist sie. Das weiß sie und zu Beginn ist diese Gewissheit Macht, die Abkehr Triumpf, die Ignoranz Beweis ihrer Tatkraft. Einmal sieht sie ihn von Weitem und den Schmerz in seinem Genick. Ihr Gehirn gibt ihr keine Deckung, sie hat diesen Anblick verdient.

Wenn sie daran denkt warum sie gegangen ist kommt es ihr als das Gegenteil eines Grunds vor. Eher ein Anlass zu bleiben. Eine Chance zu wachsen. Gemeinsam. Er hat ihr Freiheit angeboten, sie hat sie mit Füßen getreten. Jetzt weiß sie nicht wie es ist. Wie sich Freiheit anfühlt. Weiß nur wie er aussieht wenn er frei ist. Wunderbar. Augen wie Sterne, eine Stirn wie Fels. Aufrichtig. Aufrecht. Abgefahren. So was von. Wie sie am Anfang darauf stand. Wie jeder Gedanke eine Berührung war und die Berührung selbst ein heißes Knistern. Sie hat Angst zu verbrennen. Lieber lauwarm leben und das Opfer lieben. Auf keinen Fall direkt in den stumpfen Spiegel gucken. Den Blick abwenden, denn jeder sieht so aus wie er. Am besten gar nicht mehr hinsehen. Sich sicher fühlen in der Versenkung. Freiheit ist eine Farce.