Im Goldrausch

Der Pflücker tritt aus der Plantage. Er trägt Gummistiefel und einen Apfel. Als er mich im Matsch stehen sieht, kommt er rüber und grüßt. Er wischt mit dem Ärmel über den Apfel, reicht ihn mir und sagt, Goldrush heißt er. Der Mann schaut mich an, dann den Apfel. Er ist goldgelb und macht seinem Namen alle Ehre. Ein bisschen glänzt er, da wo die Jacke ihn gestreift hat. Kleine Punkte bedecken seine Oberfläche wie Patina auf einem alten Stück. Goldrush ist ein Kulturapfel (Malus domestica). Soll ich jetzt hineinbeißen? Das will ich nicht. Ich nehme Goldrush mit nach Hause und warte auf den perfekten Moment ihn zu essen. Das dauert eine Weile, denn mit diesem Apfel verbinde ich so einiges. Dort wo er wächst ist meine Kindheit. Da wo er hängt baumelt meine Seele und die Sehnsucht nach dem Süden. Ich schaue mir Goldrush im Kühlschrank an und an einem unbestimmten Tag ist es soweit. Kein großes Ding. Ist nur ein Apfel mit einer Geschichte.

 

Einmal im Goldrausch, lässt er mich nicht mehr los. Ich stehe wie gebannt vor einem Werk aus Ton. Es hängt im Museum und heißt Idaho Goldrush. Eine goldene Tonkeramik von Otto Piene, 2011. Der Trigger ist der Name, schon klar. Aber auch diese golden glasierte Tafel reißt mich in eine überschäumende Semantik. Ein ganzes Universum tut sich auf mit Otto Piene: Feuer, Ruß, Explosion, Sterne, Licht, Glanz – transferiert in leuchtende Kunst. Es gibt auch Schwärze und erdbraune Krusten. Rote Tiefen. Der Kreis als Symbol für die Unendlichkeit des Raums. Ich stehe vor Idaho Goldrush und der Apfel fällt mir ein. Die beiden haben wenig miteinander zu tun, sie tragen nur den gleichen Namen. Zweimal präsentiert sich mir Goldrausch in kürzester Zeit. Da bleibt etwas Goldstaub haften.

Echo

ImageDie Geräusche des Trampolins klingen wie Bettfedern im Hotelzimmer nebenan. Die Betten stehen Kopf an Kopf mit einer Wand dazwischen, die Privatsphäre suggeriert. In Wirklichkeit ist es eine Übertragungswand oder ein Lautsprecher, denn sie lässt ja nicht nur Töne durch sondern auch Vibrationen. Die stumpfen Schläge des Nachbarbetts an die stoffbezogene Wand beginnen als leises Quietschen und Rascheln der gestärkten Bezüge. Dann ein Raunen, Kichern und Hecheln als würde denen da drüben über die Klimaanlage die Luft entzogen. Der Boden schwingt, die kleinen runden Troddeln an der Lampe zittern wie eine Kompassnadel und da kommt er, der Kontrollverlust. King Size Wildnis. Die Wand wackelt. Das rhythmische Poltern der Bettpfosten ist eine gigantische texanische Erdölpumpe, ein Erdstoß, eine Explosion, ein Ende. Wie gebannt starren wir auf die plötzliche Ruhe und dann in unsere Augen. Da glimmt ein Echo.