In diesen Regentagen, die sich ziehen wie Regenjahre, denke ich an den Satz, der vor einer halben Ewigkeit in Hundert Jahre Einsamkeit meine Aufmerksamkeit gefesselt hat: „Es regnete vier Jahre, elf Monate und zwei Tage.“ Königswinter ist nicht Macondo und wahrscheinlich hört es zu regnen auf bevor vier Jahre um sind und sich dunkelgrüne Krautschichten und Moos auf meiner Dachterrasse gebildet haben.
Meine artenarme Pflanzengesellschaft wurde durch den einzigen Nachtfrost im Winter um zwei geliebte Gefährtinnen reduziert – Wisteria, süß duftender Blauregen, der eigentlich als winterhart gilt und die echte Mispel, einzige Vertreterin der Rosaceen-Gattung Mespilus. Der Gemeine Wacholder, ich nenne meinen Liebling zärtlich Machandel Kranewit, hat es glücklicherweise geschafft; er kann immerhin bis zu 2.000 Jahre alt werden und seine Beeren helfen gegen die Pest, falls diese nochmal akut werden sollte.
In einigen Bergregionen der Schweiz wird aus den Beeren mit „seit Menschengedenken mündlich überlieferten Rezepten“ ein Brotaufstrich zusammengerührt – eine poetische Wikipediaformulierung für einen so mystischen und quellenfremden Sachverhalt. Ich verwende weder die Beeren noch das dauerhafte und elastische Holz, das gut für Schnitz- und Drechslerarbeiten geeignet wäre. Meine Familie rollt immer mit den Augen, wenn ich von den Faszinosi der Pflanzen spreche, aber das ist mir egal, Hauptsache, die nachfolgenden Generationen kümmern sich um den Wacholder.
Die Pflanzengesellschaft ist also um zwei Arten ärmer und außerdem sehr empfindlich. Das Mikroklima unter ihnen hängt entscheidend davon ab, wie ich sie gruppiere. Unterm Jahr umgestellt werden, mögen sie nicht und sie hassen neue Nachbarn. Sie verweigern ihren Blättern die Wasserzufuhr, wenn ich statt des gestandenen Regenwassers Frischwasser aus dem Schlauch nehme. Ihre Bereitschaft zu wachsen machen sie davon abhängig, wie viel Zuwendung ich ihnen schenke und dass ich sie nicht alle gleich behandle. Sie sind eigentlich keine Gesellschaft, sondern eine Schar trotziger und launiger Kinder. Meine frostgefährdete Dachterrasse, die regelmäßig von stürmischen Südwestwinden und ungeschützten Regengüssen heimgesucht wird, in heißen Sommern eine trockene Wüstenatmosphäre aufbaut und deren Holz nachts knackt, macht das schwierige Terrain nicht leichter.
Heute Morgen gibt es einen Sonnenaufgang. Für später ist Regen angesagt.
Ach schade … bist du traurig, wenn welche von deinen Pflanzen es nicht überlebt haben?
Bei mir ist das so. Diesen Winter mussten zwei schöne Lavendelstauden dran glauben, obwohl es milder war als im Jahr zuvor und sie diesen unbeschadet überstanden hatten.
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Ja natürlich, die Pflanzen wachsen mir ans Herz :-)
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T’schuldigung liebste Peggi, nach dem ersten Drittel deines Blogs hatte ich einen Lachanfall…die Pest war dran Schuld ;)
Im zweiten Drittel, hoffe ich, du verzeihst mir das immer noch breite Lächeln, wegen der *Betreuungs-Generationsfolge,
aber dann wurde auch ich ernst, weil ich das *Übel nehmen von Pflanzen kenne und mir schon so manche, von jetzt auf sofort, die Freundschaft kündigte, umfiel und tot bis ans Lebensende, war :(
Dachterrassen sind besonders gefährdet und ich wünsche dir (Daumen sind gedrückt), es waren die letzten Verluste für das Jahr 2016…
liebGruß,
Uschi <3
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Thx so much du bist eine Liebe wie immer, ich
mag meine Dachterrasse trotzdem über alles:-) lg Peggi
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Juniperus ist eines meiner Lieblingswörter und um den Blauregen ist es wirklich schade. So ein schönes Lebewesen…. Ich hab hier (nur mehr) einen kleinen Balkon und meine grünen Kinder haben heute doch einen Schrecken abbekommen, als es anfing zu schneien. Ob ich die mexikanische Minigurke retten konnte, weiß ich nicht. Den anderen macht es wohl weniger aus.
Grüße von Eibe und gelber Himbeere und so allerhand, was sich hier versammelt hat.
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Gelbe Himbeere… das klingt exotisch :-) lg ( heute Nacht war ein Frost, aber ich habe meine Liebsten gestern ins Innere geschoben)
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