Einsicht ins Mich

 

Auch wenn ich mich über die Nominierung von fuerhilde sehr freue und fürs hier und jetzt auch Antworten geschrieben habe weil ich auch gerne gelesen habe was sie geschrieben hat, sträubt sich in mir der Gedanke an die Kette. Auch kommt es mir vor, als wären fast alle um mich herum schon nominiert und ich wüsste gar nicht mehr wen ich für den Award nennen sollte… Obwohl ich zugeben muss, dass ich einige neue mir unbekannte schöne Texte gelesen habe… danke trotzdem.

Will auch die Regeln nicht verschweigen: Es geht darum weniger bekannte Blogs vorzustellen und miteinander zu verlinken.

verlinke die Person, die Dich nominiert hat
beantworte die 11 an Dich gestellten Fragen
denke Dir selbst 11 Fragen aus
nominiere 5-11 Blogs, die weniger als 200 Follower haben
die Nominierten müssen über die Nominierungen informiert werden

Wie viel Platz hat das Bloggen in deinem Alltag?

Ich schreibe alles auf. Um mich herum liegen Zettel, auf die ich Dinge schreibe, die ich nicht vergessen möchte. Also relativ ungeordnet und ich schreibe dann BLOG dazu, wenn ich meine, das ich darüber mal schreiben will. Der Alltag ist die Essenz für den Blog, das Aufblasen und Dehnen von Bemerkungen, von Berichterstattung im Radio, von Blicken aus dem Fenster, wenn die Nachbarin wieder die Schirme aufspannt, um ihre Pflanzen vor dem Regen zu schützen. Also ist auch Bloggen Alltag, es gehört dazu wie Geschirrspülen und den Staub wegwischen. Die Entropie der Wörter und der Eindrücke aufhalten und sie in eine vertraute Form packen. Den Blog.

Wie viele deiner Verwandten, Bekannten und Freunde setzen sich mit deinem Schreiben auseinander?

Nur ein paar. Sie lesen. Auseinandersetzen tun sich nur einige wenige. Vielleicht verstehen sie nicht was das ist, Bloggen. Mein Bloggen. Meine Mischung aus Wahrheit und Dichtung. Meine Bilder zu weit weg. Zu erklärungsbedüftig oder absurd. Übertrieben. Nur wenige haben wie ich auch immer geschrieben. Oder auch immer gelesen. Verstanden. Nicht zu vergessen die Passiven, die weder das eine noch das andere tun. Und diejenigen, die keine Zeit haben. So viele haben keine Zeit für so etwas wie Blog lesen oder verstehen. Sie fragen mich woher ich die Zeit nehme „auch noch zu bloggen“ und „wofür eigentlich?“

Wohin gehst du, wenn du traurig bist?

In den Wald. Im Wald wird Größe relativ. Auch die Größe der Trauer. An den Rhein. Ich weine in das Wasser. Es trägt die Trauer fort. Ich brauche diesen ritualhaften Symbolismus. Bin im Innern pathetisch und Drama.

Wann ist die beste Zeit zum Schreiben?

Ich schreibe immer. Es gibt nicht die ideale Zeit. Ideal ist der Zustand genau dann schreiben zu können wenn mir etwas einfällt. Wenn plötzlich ein Gedanke im Kopf erscheint, der formuliert werden will. Oder wenn sich ein Gefühl einschleicht, das exakt beschrieben werden will. Bis es auseinanderfällt. Die Suche nach den richtigen Worten ist wie ein Abtauchen in eine zeitlose Zone. Bin schon oft wieder daraus aufgetaucht und habe mich gewundert, wie viel Zeit vergangen ist. Kostbare Zeit, sinnvoll verbracht, haha.

Wann hast du angefangen zu schreiben?

Mit 12. In einem Dänemark-Urlaub, als ein Cousin mich dauernd geärgert hat und ich mich präpubertistisch darüber aufgeregt habe. Danach habe ich nie wieder aufgehört. Vor einigen Jahren habe ich meine frühen Tagebücher verbrannt, nachdem ich sie vorher zu einer Geschichte zusammengeschrieben habe. Das könnte ich eigentlich mal wieder tun. Es ist schon wieder soviel Zeit vergangen.

Welche ist deine Lieblingsjahreszeit?

Frühling. Alles wächst, sprießt, drängt sich in den Vordergrund. Ich mag Blender, vor allem bei Pflanzen. Die an Kraft zunehmende Sonne. Die sich erwärmende Erde. Das zarte Grün.

Wirst du irgendwann aufhören zu schreiben?

Ich glaube nicht. Habe es nicht vor. Ich werde schreiben bis ich umfalle. Noch beim Umfallen in die Luft schreiben und mit dem letzten Atemzug Buchstaben in die Erde kratzen.

In welcher Stadt fühlst du dich am wohlsten?

Königswinter und Berlin. Klein und groß. Königswinter etwas lieber, weil kleiner. Berlin intensiver für zwischenmenschliche Gefühle, Abenteuer, Auseinandersetzungen. Am wohlsten fühle ich mich aber außerhalb der Stadt, im Wald, in der Landschaft, am Rhein. Ich bin am liebsten so oft wie möglich draußen.

Was liefert dir die Rohstoffe aus denen am Ende ein Text entsteht?

Der Alltag. Mein dramatisches Innenleben, von dem ich mich manchmal wundere, warum es so wuchtig ist. Warum es in mir wühlt. Warum mir mein Gehirn so oft etwas vormacht. Projektionen. Fantasie. Möglichkeiten. Abenteuer. Grenzerfahrungen. Jedes kleine Ereignis kann ganz groß und mächtig werden. Insofern leitet mich nicht ein bestimmtes Thema, sondern eine Vielfalt von wechselnden Empfindungen und Erlebnisse, die mein tägliches Leben ausmachen.

Kleine schwarze Sonne

Er sagt er ist Finne. Ich glaube ihm. Bohre meinen stahlgrauen in seinen eisblauen Blick. Er meint Schwingungen bestimmen sein Leben. Lächelt dabei sein finnisches Lachen. Offen wie die baumlose Landschaft. Klar wie ein kalter See.

Wir liegen hier. In dieser Kugel. Kaum haben wir uns kennengelernt fragt er mich: Kommst du mit in die Kugel. Ich nicke und habe keinen Schimmer was er meint mit der Kugel. Klingt aber gut: Kommst du mit in die Kugel.

kleineschwarzeSonneDie Kugel ist aus Holz und innen drin ist sie dunkel. Fast. Aus unzähligen winzigsten Löchern scheint das Licht hinein. Sternbilder. Planeten. Wirklich. Ein japanischer Künstler hat in deutsche Kirsche das Himmelszelt gebohrt. Hiroyuki Masuyama. Die gesamte Hemisphäre um uns herum, Norden und Süden. Der Finne streicht über das Firmament.

Die Schwerkraft drückt uns in das Kreuz des Südens aber unsere Körper sind leicht. Schweben fast. Das helle Haar des Finnen hat eindeutig eine Aura aus blauem Schein. Spürst du die Schwingung fragt er mich. Seine Stimme schwerelos. Sie kreist um uns herum wie eine kleine schwarze Sonne. Ich spüre die Energie sage ich. Feuer. Wärme. Brennen.

Wir gehen nun wieder heraus sagen seine Gesten. Gib mir deine Hand. Ich schließe meine Augen. Will das Dunkle noch etwas konservieren. Die dunkle Energie um uns herum. Die dafür da ist dass wir nicht auseinanderfallen wenn wir aus einer Kugel steigen. Der Finne grinst als ich blinzle und sagt irgendwas Finnisches. Klingt wie ein flacher Stein, der übers Wasser platscht.

Du kommst wieder sagt er. Ich glaube ihm.

Sie sind hier

Am Tag nach der Nacht liegt die Fledermaus im Keller. Tot. Steif. Haut verhornt und braun wie Leder. Wie soll ich wissen wie sie dort hinkommt. Keinen Schimmer. Ich leuchte sie an der Tod schluckt das Licht. Stehe im Dunkeln und grusele mich. Höre das Rascheln der kleinen Flügel wie das Blut durch sie pumpt, sie erhebt sich mit einem Fiepen streift mein Haar und fliegt weg. In dieses schwarze Loch in das ich mich nie getraue zu gucken wenn ich die Wäsche wasche weil dort irgendwie die Wand nicht aufhört sondern kalte Luft zieht. Dort fliegt sie rein. Oder dort kommt sie raus.

Am anderen Ende hat der Nachbar tief unten einen geheimen Raum, das erzählt er mir über den Zaun. Geheim. Ja geheim. Mein Lachen interessiert ihn nicht. Unter seiner weißen Haut laufen blaue Adern in seinen Augen fließt Argwohn. Also frage ich was ist drin. Er schnäuzt gelben Schleim in sein Taschentuch und nuschelt seine Mutter wohnt dort. Ich habe die Mutter schon mal gesehen, sie hat im Haus die Läden hochgezogen, doch ihr Sohn hat sie erwischt und sie mit zornigem Blick wieder fallen lassen. Ich denke durchgeknallt die beiden. Aber er lacht ich spaße nur, da ist nix, nur die Fledermäuse. Wussten Sie das nicht? Was denn.

bat3Sie sind hier. Zu Tausenden und Abertausenden fliegen die Fledermäuse in ihr Winterquartier. In Ihren Keller frage ich. Nein, da sind nur ein paar. Sie sind hier im Siebengebirge, in den Höhlen in den Stollen hinter den Steinen. Dort hängen sie mit den Köpfen nach unten wie kleine Säckchen bis die Sonne untergeht. Dann packen sie ihr Sonar aus und sirren im Steilflug ins Tal. Die kleinen Blutsauger. Mein Nachbar gefällt mir immer besser, wer kennt schon seine Nächsten.

Er lädt mich ein zu einem Schnaps er brennt ihn selbst. Wo denn. Im Keller wo sonst. Ist auch geheim wegen der Lizenz. Soviel geheim ist peinlich. Er benutzt das Wort zu oft. Entweder will er mich ködern oder er merkt es nicht. Schnaps an sich mag ich. Habe selbst welchen. Aber nur im Schrank nicht selbstgebrannt. Soll ich wirklich mitgehen. Ich will nachher nicht auch tot in meinem Keller liegen. Oder in seinem. Wer weiß wer da schon alles liegt. Obwohl. Neugierig bin ich. Gierig.

Ich gehe dann doch nicht mit. Lieber die distanzierte Nachbarschaft pflegen und nicht alles wissen wollen. Auch nicht alles erleben wollen. Vor allem nicht Tod oder so. Das fällt mir sehr schwer. So schwer, dass ich meinen Körper noch am Zaun stehen sehe während ich wieder zurück auf eigene Erde gehe. Dort bleibt er als Schatten haften. Tagelang. Ohne diesen Zaun wäre ich ernsthaft in Versuchung. Würde rübergehen und mich an der Gänsehaut reiben. Gefallen finden an der Gefahr. Faule Luft einatmen. Gerüche riechen. Feuchtigkeit spüren. Neeee, komm. Schluss jetzt.

Innen flüssig außen Stein

Manche Begegnungen brennen sich ein wie Male. Eine heiße Spur bahnt sich ihren Weg zum Herz, weich wie Lava, umschließt den Muskel und wird zu Stein. Dieser Stein soll nicht fallen. Nie. Soviel Erleichterung kann es nicht geben in einem Leben. Dieser Eindruck ist für die Ewigkeit.

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Wen meinst du fragt Anna. Es war ein Mädchen aber eigentlich habe ich die Vergangenheit gesehen eines Menschen den ich liebe. So viel Ähnlichkeit in Bruchteilen von Sekunden. Ich bin so froh um meine Hülle, denn meine Seele fing an zu schmelzen und in diesem Schmerz zu bohren. Ganz spitz hat sie von innen gegen meine Augen gedrückt. Es muss geblitzt haben in meinem Blick, denn das Kind fing das Feuer und spielte damit.

Du sprichst in Rätseln sagt Anna. Kenne ich die Hauptrolle in deinem Traum? Das ist kein Traum, obwohl es war einer als es noch keiner war, du weißt schon. Liebe eben. Unvergänglich und dann doch vorbei. Ich will nicht darüber sprechen.

In Wirklichkeit will ich ihr alles erzählen. Wie aus einem leisen Kribbeln heftige Schauder wuchsen so als würde ich frieren dabei war es mein verkrümeltes Inneres, aufgewühlt und verwirbelt von Fantasie was sein könnte, wenn… Von der Freude über die Gegenwart, die still stand wie schon lange nicht und einfach nicht zur Zukunft werden wollte. Noch immer nach so viel vergangener Zeit fröstelt mich der Gedanke an die ausschließliche Gemeinsamkeit, keine Geräusche kein Gerede keine fremden Gesichter die sich einschleichen konnten. Sie haben an die Außenwände geschlagen und unser Trommelfell hat gebrummt und wir haben es für das pulsierende Blut in unseren Schläfen gehalten. Die Erinnerung ist warm. Zaubert ein Lächeln auf meine Lippen. Ich bin so froh um dieses Erleben, es hat mich reich gemacht. Dieser Reichtum ist unvergänglich und unendlich groß. Reicht vielleicht für mehrere Leben. Brauche ihn nur für dieses. Kaum zu ertragen dieses romantische Pathos, schon beim bloßen Denken.

Anna drängelt komm sag. Aber ich bleibe stumm. Alles darf sie nicht wissen, die Andeutung war schon ein wenig zu mutig. Kam unverhofft wie dieses unschuldige Kind, das gar nicht ahnt wie viele Geschichten es in mir entfacht. Ich setze meine steinerne Miene auf das heißt ich hebe mein Kinn und sehe in die Ferne. Über Anna hinweg.

Oscar One

Die nächste Ebene. Eins höher. Oder tiefer – je nachdem. Tiefer im Sinne von Innen. Höher im Wörtlichen und Übertragenen. Anna sagt ich habe Lust auf den nächsten Level in meinem Leben. Bevor ich fragen kann in welchem Spiel denn. Sie meint es ernst. Es geht um mehr. Um Existenz.

OscarOne1Ist dir langweilig. Nein. Ja. Du weißt schon. Dann schweigt sie. Ich weiß nicht aber ich schweige auch denn das ist die beste Methode Anna zum Sprechen zu bringen. Sauge an meinem Strohhalm. Lasse das Eis im Glas klimpern und höre mit Hundertprozent Aufmerksamkeit wie es knackt. Anna malt ihre Backenzahnreihe aufeinander, ihre Kieferknochen knirschen. Ihr Zahnarzt hat ihr deswegen zu Akupunktur geraten aber sie hat Angst vor den Nadeln. Er will sie so lange nicht behandeln bis sie den Druck rauslässt. Locker wird im Kopf. Wieder denken und schlafen kann ohne das Pressen auf die Gelenke.

Dann sprudelt es aus ihr heraus. Also ich will etwas Neues erleben aber nicht unbedingt nur neu es muss natürlich auch besser sein. Einen qualitativen Sprung will ich machen. In Leichtigkeit leben. Gelassen genießen. Gleichgültig gegenüber dem ewigen Generve. Wer nervt denn. Na alle mehr oder weniger. Sie ist in einer schwierigen Stimmung, eine Silbe zu viel von mir und sie kippt. Es liegt mir nicht hier sensibel zu agieren. Zwar wäge ich ab wie weit ich die Strippe ziehe entscheide mich dann aber gefühlsmäßig auf der sicheren Seite für die Provokation. Wer soll es ihr denn sagen wenn nicht ich. Ich wähle den ich-bezogenen Konjunktiv. An deiner Stelle würde ich machen was der Arzt sagt.

OscarOne2Was hat das denn damit zu tun. Alles. Wahrscheinlich finden eher die anderen dass du nervst. Bis du jetzt auf deren Seite. Nein aber ich könnte mir das vorstellen. Weil du ja schon sehr angespannt wirkst. So tue ich das. Ja das tust du liebe Anna. Man kommt nicht ohne Anstrengung den Abhang hoch. Den Abhang hoch wie klingt das denn, hihi. Du weißt was ich meine. Und du meinst dass Akupunktur das Allheilmittel ist. Nein natürlich nicht, aber sie ist ein Anfang. Am Anfang war die Akupunktur, haha, dass ich nicht lache. Wir können eine Wette abschließen wenn du magst. Ich glaube nämlich du bist feige. Hm lecker Feige.

Das ist eine Sackgasse. Anna hat sich ins Albernstadium hineingelabert und gackert mich an. Keine Konversation mehr möglich. Ich grinse zurück und frage was steht auf der Karte. Heute kein Alkohol, wie wärs mit Oscar One. Mix of fresh black & raspberries, pineapple juice, cranberry juice, passion fruit juice and orange. Den wir für den Kellner halten sagt er ist der Geschäftsführer und er habe den Drink selbst kreiert und weil er nur frische Beeren und keine Konserven enthält was jetzt in dieser Jahreszeit schon teuer sei aber keine Kompromisse nicht wahr und für unsere Gäste nur das Beste schmecke Oscar One wirklich umwerfend. Wir trinken vier Oscar One. So schnell wirft uns nix um.