Sie sind hier

Am Tag nach der Nacht liegt die Fledermaus im Keller. Tot. Steif. Haut verhornt und braun wie Leder. Wie soll ich wissen wie sie dort hinkommt. Keinen Schimmer. Ich leuchte sie an der Tod schluckt das Licht. Stehe im Dunkeln und grusele mich. Höre das Rascheln der kleinen Flügel wie das Blut durch sie pumpt, sie erhebt sich mit einem Fiepen streift mein Haar und fliegt weg. In dieses schwarze Loch in das ich mich nie getraue zu gucken wenn ich die Wäsche wasche weil dort irgendwie die Wand nicht aufhört sondern kalte Luft zieht. Dort fliegt sie rein. Oder dort kommt sie raus.

Am anderen Ende hat der Nachbar tief unten einen geheimen Raum, das erzählt er mir über den Zaun. Geheim. Ja geheim. Mein Lachen interessiert ihn nicht. Unter seiner weißen Haut laufen blaue Adern in seinen Augen fließt Argwohn. Also frage ich was ist drin. Er schnäuzt gelben Schleim in sein Taschentuch und nuschelt seine Mutter wohnt dort. Ich habe die Mutter schon mal gesehen, sie hat im Haus die Läden hochgezogen, doch ihr Sohn hat sie erwischt und sie mit zornigem Blick wieder fallen lassen. Ich denke durchgeknallt die beiden. Aber er lacht ich spaße nur, da ist nix, nur die Fledermäuse. Wussten Sie das nicht? Was denn.

bat3Sie sind hier. Zu Tausenden und Abertausenden fliegen die Fledermäuse in ihr Winterquartier. In Ihren Keller frage ich. Nein, da sind nur ein paar. Sie sind hier im Siebengebirge, in den Höhlen in den Stollen hinter den Steinen. Dort hängen sie mit den Köpfen nach unten wie kleine Säckchen bis die Sonne untergeht. Dann packen sie ihr Sonar aus und sirren im Steilflug ins Tal. Die kleinen Blutsauger. Mein Nachbar gefällt mir immer besser, wer kennt schon seine Nächsten.

Er lädt mich ein zu einem Schnaps er brennt ihn selbst. Wo denn. Im Keller wo sonst. Ist auch geheim wegen der Lizenz. Soviel geheim ist peinlich. Er benutzt das Wort zu oft. Entweder will er mich ködern oder er merkt es nicht. Schnaps an sich mag ich. Habe selbst welchen. Aber nur im Schrank nicht selbstgebrannt. Soll ich wirklich mitgehen. Ich will nachher nicht auch tot in meinem Keller liegen. Oder in seinem. Wer weiß wer da schon alles liegt. Obwohl. Neugierig bin ich. Gierig.

Ich gehe dann doch nicht mit. Lieber die distanzierte Nachbarschaft pflegen und nicht alles wissen wollen. Auch nicht alles erleben wollen. Vor allem nicht Tod oder so. Das fällt mir sehr schwer. So schwer, dass ich meinen Körper noch am Zaun stehen sehe während ich wieder zurück auf eigene Erde gehe. Dort bleibt er als Schatten haften. Tagelang. Ohne diesen Zaun wäre ich ernsthaft in Versuchung. Würde rübergehen und mich an der Gänsehaut reiben. Gefallen finden an der Gefahr. Faule Luft einatmen. Gerüche riechen. Feuchtigkeit spüren. Neeee, komm. Schluss jetzt.

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