Ich kippe mitsamt dem Stuhl ins Wasser. Habe meine Arme kompliziert um die Lehne geschlungen, warum eigentlich. Aus Anmutsgründen vielleicht. Jetzt schlägt der Wasserspiegel über mir Wellen und ich sinke in die Tiefe. Kann die Hände nicht befreien, bin wie gefesselt. Gefesselt unter Wasser ersaufen. Einmal tief die nicht atembare Luft einsaugen und nach einer kurzen Panikphase ist Ruhe. Dann sitze ich auf dem Grund in meinem Stuhl als wäre es ein Garten. Blicke mit offenem Blick ins trübe Weite. Mein Haar wallt wie das einer Meerjungfrau. Bald grün von Algen. Die Haut ist weiß wie der Bauch vom Hecht. Er knabbert an meinen Zehen. Das kitzelt und ich wache auf.
Warum klopft mein Herz so laut. Es dröhnt in der Nacht wie ein Nebelhorn. Etwas ist anders als sonst. Dieses Mal wache ich nicht auf, als der Stuhl ins Wasser kippt, schrecke auf und berühre beruhigt die Bettdecke. Dieses Mal gehe ich unter und ertrinke. Bleibe eine Weile da unten und bin tot und doch wieder nicht, weil sonst würde ich das Kitzeln nicht spüren. Aber es ist nicht dieses fröhliche, ausgelassene Lachen, das ich sonst beim Kitzeln lache. Es ist eine gequälte Grimasse im Gesicht.
Die Erinnerung gibt mir keinen Hinweis auf den Stuhl, auf die Terrasse, von der ich stürze oder von der Art des Gewässers. Habe das alles noch nie gesehen. Das einzig Vertraute ist die Person, die neben mir sitzt. Der Grund meiner missglückten Grazie. Sie blickt mich an wie ich versinke. Sie schubst mich nicht und hilft mir nicht. Springt nicht hinterher. Trotzdem habe ich sie in angenehmer Erinnerung. Sie duftet wie warmes Brot und ihre Aura knistert auch so. Als sie da war hätte ich sie einatmen können. Statt dessen atme ich Wasser.
Schon oft habe ich vom Ertrinken geträumt. Der Traum ist vertraut und daher nicht abstoßend. Wann er genau wiederkommt, kann ich auch nicht einordnen. Was ist mit meinem Gehirn? Kann es mich nicht mal ins Helle führen oder zumindest einen Hinweis geben? Es macht wieder einen auf mysteriös.
Trotz des Ertrinken-Traums gehe ich im See schwimmen. Es kommt mir vor, als fordere ich mein Schicksal heraus. Doof. Auch ins Meer gehe ich mit fester Absicht an den Strand wiederzukehren. Ich spüre, wie die Strömung an meinem Körper zieht. Ganz sachte erst, dann hinaus in Richtung Horizont. Soweit lasse ich es nicht kommen. Solange es kein Traum ist, kämpfe ich gegen den Strom.
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