Schiaparelli

Sisters talk about Schiaparelli Mars Lander

„Jetzt hat ESA die neue Marssonde in den Sand gesetzt.“

„Ja, schade. Wo doch gerade so viele Menschen den Schiaparelli-Krater kennen.“

„Der Marsianer ist aber schon weg. Abgeholt von der NASA. Sonst könnte er mal einen Blick auf die Technik werfen.“

„Mark Watney würde das Ding wieder zu Laufen bringen.“

„Davon bin ich überzeugt. Ich hätte gerne einige aktuelle Originalfotos von der Marsoberfläche gesehen.“

„Der rote Sand, die krassen Schatten und die Spuren von längst versiegtem Wasser sind immer wieder faszinierend.“

„Du weißt aber schon, dass Schiaparelli Methan suchen sollte … dem Nachweis von möglichem Leben.“

„Ja, natürlich. Und wahrscheinlich verstecken sich hinter den wissenschaftlichen Interessen auch handfeste wirtschaftliche.“

„Wir sind und bleiben ausbeuterische kolonialistische Wesen.“

„Na ja, zunächst liegt wieder so ein Milliarden-Euro-Teil im Marswind und wird langsam zugestaubt.“

„Es wird weitere Mars-Missionen geben – ich bin gespannt, wer als Erstes seine Flagge in den Boden rammt.“

„Die meisten glauben nach dem Film doch sowieso, dass wir schon lange auf dem Mars gelandet sind.“

„Genau. Was bedeutet schon der Absturz einer unbemannten Sonde?“

„Trotzdem schade. Schiaparelli hätte so schön an die Geschichte angeknüpft.“

„Stimmt. Aber wahrscheinlich produziert Hollywood schon Teil 2 des Marsianers. Ich würde mich freuen, wenn Mark Watney wieder dabei wäre.“

„Ja, ich auch.“

schiaparelli-substanz schema wha went wrong with the mars lander guardian*If you want the whole story, please click the picture.  Thanks to The Guardian.
*Also see The Martian, Andy Weir

Leander Leichtsinn

Lange habe ich über den Leichtsinn gelacht. Ihn nicht ernst genommen. Seine pfauenartige Präsenz ignoriert. Ihn spöttisch Leander Leichtsinn genannt.

Und was macht er? Bedankt sich für diesen albernen Namen. Verbeugt sich eitel, zieht sich in einen Winkel zurück und wartet auf seinen nächsten Einsatz. Ich frage mich, von wem er den Befehl erhält. Wahrscheinlich von meinem Gehirn, entweder auf Diva- oder auf Stromsparmodus.

Die Diva lässt Leander freies Geleit. Im Galopp lässt er die Gefahr links liegen. Ist nur auf Gewinnen gepolt. Plustert sich auf und wirft die Federboa um seinen Gockelhals, wenn wieder einmal alles gut gegangen ist.

Im Stromspar vergisst er einfach zu denken. Hat keine Power für potentielle Patscher. Im Endeffekt geben sich Diva und Stromspar die Hand und grinsen unverschämt.

Leichtsinn ist nicht der Mangel an Logik. Leichtsinn ist schneller und ohne Kummer. Schwerelos für einen kurzen Moment, in dem alles andere möglich ist – ein Sturz, ein Fall, ein Tod. Der flüchtige* Augenblick, in dem der Leichtsinn das Zögern verhindert und den Sinn in einen Hauch von Nichts hüllt. So schwebt er als Schwert, wie manche sagen. Ich habe dieses Schwert noch nie gesehen.

Mit Leichtsinn fordere ich das Leben heraus, mache es kurzweilig, luftig und liebenswert. Wer will schon ein langes Leben? Leander lacht, als ich das sage.

 

*Dieser Beitrag ist Teil der Ausstellung “flüchtig” im Pumpwerk Siegburg vom 13.8.-23.9.2016

wäre sie frei

Sie kauert im Keller. Kühl ist es, nicht kalt. Krümmt sich dort im schwarzen Staub wo früher die Kohlen lagen. Du kriegst mich nicht sagt sie. Ich kann sie kaum erkennen. Wer ist sie? Freiheit oder Angst. Wut. Liebe. Konzentriere ich mich auf die Kontur oder mache ich eine Kehrtwende. Keine Chance. Komm raus rufe ich.

wäre sie freiWäre sie die Freiheit würde ich mich freuen. Fast glaube ich sie zu fühlen. Ihr feines Flattern noch fern aber verheißungsvoll. Entfaltet vielleicht ihre Flügel und fliegt mit mir fort. In ein fernes Land das nur in meiner Fantasie funktioniert. Meine Flucht wäre folgenlos.

Wäre sie Angst wollte ich sie nicht. Auch nicht an dem Abend als sie allgegenwärtig ist. Die Angst macht mir angst. Am Anfang ist sie andeutungsweise harmlos, dann wachsen aus der Ahnung lange Schnüre wie von Angeln geworfen und haken sich fest. In einem Ausmaß, das lahm macht. Das einen Ausweg in den Abgrund führt.

Wäre sie Wut würde ich mich wehren. Will mich nicht ihrem Willen beugen. Sie wandert ja schon eine Weile mit mir. Wuchtet sich durchs Wasser wie ein schwerfälliger Wal während ich versuche zu entwischen. Die Wellen werfen mich wieder in die Welt. Noch mehr Wut als die, die ich schon habe, würde mich weichkochen. Widerlichen Wackelpudding aus mir machen. Suche das Weite, Wut.

Wäre sie Liebe finge mein Leben Feuer. Lebendiges Licht. Leuchtende Laterne. Eine lila Flamme wie in diesen Lampen aus längst verlorenen Legenden. Ich lenkte sie langsam aus dem Staub in ein liebliches Land. Die Leute lachen wenn sie die Liebe erblicken. Erinnern sich an Leidenschaft, rosa Luft und verträumte Augenlider. Will sie nicht links liegen lassen. Los! Lieber alles andere verlieren, aber nicht die Liebe.

Ich nähere mich der schwarzen Gestalt. Es ist nur ein Schatten.

Innen flüssig außen Stein

Manche Begegnungen brennen sich ein wie Male. Eine heiße Spur bahnt sich ihren Weg zum Herz, weich wie Lava, umschließt den Muskel und wird zu Stein. Dieser Stein soll nicht fallen. Nie. Soviel Erleichterung kann es nicht geben in einem Leben. Dieser Eindruck ist für die Ewigkeit.

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Wen meinst du fragt Anna. Es war ein Mädchen aber eigentlich habe ich die Vergangenheit gesehen eines Menschen den ich liebe. So viel Ähnlichkeit in Bruchteilen von Sekunden. Ich bin so froh um meine Hülle, denn meine Seele fing an zu schmelzen und in diesem Schmerz zu bohren. Ganz spitz hat sie von innen gegen meine Augen gedrückt. Es muss geblitzt haben in meinem Blick, denn das Kind fing das Feuer und spielte damit.

Du sprichst in Rätseln sagt Anna. Kenne ich die Hauptrolle in deinem Traum? Das ist kein Traum, obwohl es war einer als es noch keiner war, du weißt schon. Liebe eben. Unvergänglich und dann doch vorbei. Ich will nicht darüber sprechen.

In Wirklichkeit will ich ihr alles erzählen. Wie aus einem leisen Kribbeln heftige Schauder wuchsen so als würde ich frieren dabei war es mein verkrümeltes Inneres, aufgewühlt und verwirbelt von Fantasie was sein könnte, wenn… Von der Freude über die Gegenwart, die still stand wie schon lange nicht und einfach nicht zur Zukunft werden wollte. Noch immer nach so viel vergangener Zeit fröstelt mich der Gedanke an die ausschließliche Gemeinsamkeit, keine Geräusche kein Gerede keine fremden Gesichter die sich einschleichen konnten. Sie haben an die Außenwände geschlagen und unser Trommelfell hat gebrummt und wir haben es für das pulsierende Blut in unseren Schläfen gehalten. Die Erinnerung ist warm. Zaubert ein Lächeln auf meine Lippen. Ich bin so froh um dieses Erleben, es hat mich reich gemacht. Dieser Reichtum ist unvergänglich und unendlich groß. Reicht vielleicht für mehrere Leben. Brauche ihn nur für dieses. Kaum zu ertragen dieses romantische Pathos, schon beim bloßen Denken.

Anna drängelt komm sag. Aber ich bleibe stumm. Alles darf sie nicht wissen, die Andeutung war schon ein wenig zu mutig. Kam unverhofft wie dieses unschuldige Kind, das gar nicht ahnt wie viele Geschichten es in mir entfacht. Ich setze meine steinerne Miene auf das heißt ich hebe mein Kinn und sehe in die Ferne. Über Anna hinweg.

Glut

glut

Anna ist aufgedreht, will unbedingt noch was trinken gehen, ihre hellen Augen sprühen Glut in die Dämmerung. Wir sind schon in den Außenbezirken, dunkle Villen aus der Hauptstadtzeit, die sich vom feuchten Nebel abschotten. Die Straße zum Fluss ist menschenleer. Unten am Ufer ein Streifen Neon. Darauf steuern wir zu, stöckeln auf Schickimickischuhen durch die Pfützen und kommen uns vor wie Tussis. Ein unaufgeregter Tag. Eine gut gelaunte Tagung mit Butterbrezeln und Tee, netten Menschen und deren Leben, das so ähnlich ist wie unseres. Der Benimm des Tages fällt in Brocken von uns ab. Wir brauchen jetzt ein Bier.

Der Mann am Kiosk, der nicht aufhört zu reden, macht schon dicht und sagt sein Bier wäre aus, grinst aber als er sieht dass wir sehen dass hinter seiner gläsernen Kühlschranktür zwei letzte Blonde stehen. Die nehmen wir, knallen die Flaschenböden aneinander und blicken auf den Fluss. Im Halbdunkel die Silhouette des Siebengebirges. Anna sagt nix und trotzdem surrt sie vor Aktivität, hebt gleich ab. Der Regen wird stärker und wir rücken dem Kioskmann auf die Pelle. Unterm Wellblech ist es warm. Er erzählt wie ein Rudel Radfahrer sein Bier leergetrunken hat, in seiner Stimme ein Anflug von Umsatzfreude. Anna lacht, ich nicke. Hier zu stehen ist wie einen Film anzuschauen. Wir sind drin. Anna und ich und die Lichter der Schiffe, die gemächlich vorbei tuckern.

Gleich legt die letzte Fähre ab, es gibt dafür extra eins auf die Glocke aus glänzendem Messing. Ich muss über den Fluss. Anna bleibt und winkt. Ich stehe wackelig auf dem schwankenden Schiff und sehe sie an bis sie ganz klein ist und ich schon auf der anderen Seite.