Mitten im Wald eine blonde Frau. Sie stolpert durch das raschelnde Laub, hier ist kein Weg. Wie hat sie mich gesehen. Meine freie Hand greift nach dem Messer. Die kalte Klinge auf meiner Haut. Die Frau ruft Hallo? Wo ist mein Unsichtbarmantel. Ach ja ich habe keinen. Auch kein Mitri Kettenhemd. Meine Masche ist neben den Wegen durch den Wald zu gehen. Damit mich niemand sieht. Und jetzt kommt die da. Meine Tarnung ist Makulatur.
Als sie über einen Ast fällt frage ich was ist. Sie hat sich verlaufen, das ist alles. Will dorthin wo sie gerade herkommt. Ihr Atem riecht nach Alkohol, doch ihr Blick ist klar. Er folgt meinem ausgestreckten Arm. Dort über den Acker, dann den Anger hoch. Sie nickt dankbar, geht. In ihrem Haar Blätter. Hinter den Bäumen geht die Sonne unter. Das letzte Gold auf den Stämmen der Buchen. Mein Messer blitzt. Schneidet in einen späten Apfel, süß läuft der Saft heraus.
Die Frau läuft im Kreis. Schon ist sie wieder in der Lichtung. Nicht dort wo sie will. Ihre Orientierung ist hin. Meine nicht. Ich gehe zu ihr. In ihren Augen erhasche ich einen Blick auf ihre Seele. Sie ist nicht wie ich. Ihre Liebe ist wie ein Dieb, sie stiehlt sich was sie kriegen kann. Gierig fiebert sie auf die nächste Gelegenheit. Ich führe sie zur Markierung und lasse sie die Farben sagen. Rot Weiß noch drei Kilometer. Immer den Weg entlang. Sie geht. Gehorcht mir wie ein Kind. Ist gewohnt zu tun was man ihr sagt. Ganz anders als ich.
Ich stehe mit meinem Messer auf dem Weg und sehe ihr nach. Schiebe sie mit meinem Willen weg von mir. Will sie nicht wiedersehen. Dieses Mal kommt sie nicht wieder.
Erleichtert bleibe ich eine Weile. Warte auf die Dämmerung. Im Unterholz scharren die Schweine. Sie werden kommen sobald ich gehe. Mit ihren Rüsseln nach Eicheln wühlen. Die Erde zu ihrer erklären. Es ist ihre. Jedenfalls mehr als meine.
Als ich fast im Tal bin höre ich sie. Es sind viele. Ihre borstigen Körper schleifen an den Büschen und sie grunzen wie es sich gehört. Wilde Schweine. Große und kleine. Nicht meine Welt. Bin schließlich keine Jägerin. Nur eine Waldläuferin abseits der Wege.
“Ihre Liebe ist wie ein Dieb, sie stiehlt sich was sie kriegen kann.” – wunderbar ausgedrückt.
Ist generell ein sehr gelungener Text – finde auch die eingebauten Elemente (Bild und Video) sehr stimmig.
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Vielen Dank, Veronika, der Wald ist meins… :) LG
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Jetzt hatte ich doch tatsächlich Gänsehaut, als ich zu lesen begann.
Gut geschrieben liebe Peggi…
ich grüsse dich,
Uschi <3
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Oh wirklich? Hihi. Tatsächlich habe ich mich ziemlich erschreckt als diese Frau plötzlich aus dem Nichts vor mir auftauchte. Wäre interessant was sie aus ihrer Sicht erzählt hätte.. Danke Uschi und liebe Grüße, Peggi
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“Begegnungen im Wald” oder “Dickicht-Menschen vs. Lichtungs-Menschen”… Gänsehaut – ich auch :)
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Im Wald sind erst einmal alle Begegnungen wie als wenn sich Wild über den Weg läuft … :-) LG
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Ach deshalb liebt man den so, den Wald – da ist man selbst Wild. Du hast Recht! :)
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